Kemnat
Stockhauser Mühle
Im Körschtal zwischen Kemnat und Scharnhausen liegt die Stockhauser Mühle. Wer auf dem "Königsträßle" spazieren geht, kommt direkt daran vorbei. Das stattliche Mühlengebäude wurde in seiner Geschichte mehrfach umgebaut. Sein heutiges Aussehen stammt aus der Nachkriegszeit. Ein Schlussstein mit der Jahreszahl 1555, der am Torbogen zum unteren Mühlenraum zu finden ist, erinnert an eine frühere Erneuerung der Mühle. Seit 1970 ruht der Mühlenbetrieb. Das stählerne Mühlrad ist unter Wellblech versteckt. Um die ehemalige Mühle gruppieren sich etliche Stallgebäude und Scheunen. Als Reitstall ist die Stockhauser Mühle heute eine beliebtes Freizeitzentrum.
Der Flecken Stockhausen
Das tatsächliche Alter der Stockhauser Mühle ist nicht bekannt. Stockhausen soll aber einst ein "stattlicher Flecken" gewesen sein. Im 17. Jh. standen jedoch nur noch eine alte Kapelle sowie eine Mühle mit zwei Häusern am Ort der alten Siedlung.
Um 1400 befand sie sich die Mühle im Besitz der adeligen Herren von Neidlingen und denen von Plieningen. 1405 verkauften die Herren von Neidlingen ihren Anteil an das Kirchheimer Nonnenkloster. Um 1500 ging der Plieninger Anteil an die Herrschaft Württemberg. Nach der Aufhebung des Nonnenklosters Kirchheim im Jahr 1580 fiel auch der zweite Teil der Mühle an Württemberg. Zur Mühle gehörten damals rund 27 Hektar Äcker, Wiesen, Wald, Weinberge und Weideflächen.
Der erste namentlich bekannte Müller war 1545 Hans Maier, der auch das Fischereirecht besaß. Nach dem Müllergeschlecht Maier erscheinen als Mühlenbesitzer die Namen Fröschlin, Wart, Weinmann, Bluthardt und zuletzt Bauer.
Evangelische Kirche
Gleich neben dem alten Rathaus befindet sich die evangelische Kirche. Sie wurde in den Jahren von 1961 bis 1963 neu errichtet, nachdem die alte, nicht zuletzt durch Kriegseinwirkungen baufällige Kirche abgerissen worden war.
Der Neubau der Kirche zeichnet sich durch eine schlichte, zweckorientierte Architektur aus. Sie gliedert sich harmonisch in das Ortsbild ein. Bemerkenswert ist das Hauptportal sowie die beiden Reliefs an den Türklinken - links das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen, rechts die Verleugnung des Petrus.
Die neue Kirche ist wie ihr Vorgängerbau dem heiligen Bartholomäus geweiht, dem Schutzheiligen der Metzger und Schäfer. Mag sein, dass der württembergische Schafhof in Kemnat den Ausschlag für diese Wahl gegeben hat. Angrenzend an die Kirche findet man das 1988 errichtete Gemeindehaus. Das benachbart stehende Pfarrhaus stammt aus den Jahren um 1566.
Erinnerungen an die alte Dorfkirche
Ostfildern ist arm an alten Kirchen. Abgesehen von der evangelischen Kirche im Nellinger Klosterhof entstammen sämtliche Gotteshäuser der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Deshalb folgen hier - stellvertretend für die abgebrochenen evangelischen Kirchen - Ausführungen über die alte Kemnater Kirche.
Ein rund 800 Jahre altes Flachrelief aus Sandstein, welches das Lamm Gottes zeigt und in die Außenwand der neuen Kirche über dem Portal integriert wurde, deutet darauf hin, dass bereits im Hochmittelalter eine Kirche in Kemnat existierte. Eine Vorgängerkirche wurde nach den Zerstörungen des Städtekriegs um 1460 neu aufgebaut. Ihr gotisches Spitzbogenportal wurde in der neuen Kirche eingebaut. Ebenfalls aus der alten Kirche stammt das Kruzifix, das Anna Schönhaar, die Ehefrau des Dorfrichters, im Jahre 1674 gestiftet hat.
Selbst im Außenbereich kann man noch historische Überreste der Kemnater Kirchengeschichte antreffen: Im Pfarrgarten hinter dem Pfarr- und Gemeindehaus steht noch der alte Taufstein.
Altes Rathaus
Zum Kernensemble des alten Dorfes Kemnat gehört das an der Hauptstraße liegende Alte Rathaus, das bis 1973 Sitz der Gemeindeverwaltung war und heute als Bürgerhaus dient. Das Rathaus wurde 1579 erbaut. 1844 wurden im Erdgeschoss Rundbogenfenster eingefügt. Das Fachwerk wurde bei der Renovierung der Jahre 1978/79 freigelegt.
Von Anfang an nutzte man das Rathaus als Mehrzweckgebäude. Dank seiner Geräumigkeit auf vier Geschossebenen und seiner Beheizung diente es nicht nur der Verwaltung, sondern war auch repräsentativer Mittelpunkt des dörflichen Lebens. Manch festliche Veranstaltung mit Bewirtung wurde abgehalten. Die heutige Nutzung des Rathauses zu Vorträgen, Kursen und Ausstellungen der Volkshochschule und anderer Einrichtungen knüpft an eine der ursprünglichen Traditionen des Hauses an: als Begegnungsstätte für Jung und Alt.
Von der originalen Innenausstattung des 16. Jahrhunderts hat sich eine bemalte Holzbalkendecke erhalten. Ihre in länglichen Rechteckfeldern in dunkelbrauner Farbe auf weißem Untergrund aufgetragene Ornamentik stellt gegensätzlich bewegte Wellenbänder dar, die jeweils in der Flächenmitte durch eine von breiter Rundrahmung umschlossene vierblättrige Rosette unterteilt sind. Ein senkrechtes Strichband bildet die abschließende seitliche Rahmenbegrenzung.
Als besonderen Schmuck der Ratszimmer im oberen Stockwerk präsentierten sich bis 1878 mehrere Fenster mit farbigen Glasmalereien. Sie wurden vom Gemeinderat im selben Jahr an einen Stuttgarter Antiquitätenhändler verkauft und gelten seither als verschollen. Von den mindestens sieben Fenstern stammten zwei aus dem Jahr 1552, die übrigen fünf datierten von 1628 und gehörten nach ihren Darstellungsinhalten zur Kategorie der sogenannten Bürgerscheiben. Derartige Scheiben mit den Abbildungen namentlich bezeichneter Bürger und ihrer Wappen besaßen auch die Rathäuser in Ruit und Scharnhausen.
Den Erlös von 125 Mark aus dem Fensterverkauf stellte der Kemnater Gemeinderat übrigens der Ortsarmenkasse zur Verfügung.
Lindenbrunnen
Der Brunnen wurde im Jahr 1862 aufgestellt. Im Laufe seiner Geschichte hatte er schon vier Namen: "Obergassbrunnen" nach seinem Straßenstandort, "Heimschbrunnen" nach seinem Erbauer, "Frankbrunnen" nach dem Lindenwirt Friedrich Frank und schließlich "Lindenbrunnen" nach der einst benachtbarten Gastwirtschaft zur Linde. Diesen Namen verwenden die Kemnater noch heute.
Auffallend an diesem Brunnen ist die klassizistische Brunnensäule. Der quaderförmige Pfeiler mit eingehauener Jahreszahl wird von einem Kapitell bekrönt, das mit Arkanthusblättern verziert ist. Darauf steht eine Vase. Durch seine bewusste Gestaltung mit Bezügen zur "großen" Kunstgeschichte strahlt der Brunnen weniger den Charakter einer dörflichen Viehtränke aus, als vielmehr den eines vornehmen städtischen Wasserspenders. Im Jahr 2000 aufwändig renoviert, strahlt der Lindenbrunnen nun wieder in altem Glanz.
Brunnen in Kemnat
Früher wie heute war die Wasserversorgung eine kommunale Aufgabe ersten Ranges. Während wir heute allerdings nur den Wasserhahn aufdrehen müssen, um an das kühle Nass zu kommen, bedurfte es in früheren Zeiten eines weit größeren Aufwands: Mangels Wasserleitungen mit Hausanschlüssen mussten öffentliche Brunnen gebaut werden. Sie lieferten nicht nur Trink-, Wasch- und Löschwasser für die Menschen, sondern auch das unverzichtbare Lebenselixier für das Vieh.
Nicht selten kam es vor, dass in Frühjahr, Herbst und Winter das Wasser knapp wurde. Dann reichte es "nur nothdürftig für Menschen und Vieh", wie man 1862 in Kemnat klagte. Deshalb wurde auf Initiative des wohlhabenden Bürgers Gottlieb Heimsch beschlossen, zusätzlich zu den bestehenden zwei laufenden Brunnen und vier Pumpbrunnen noch einen weiteren Brunnen an der heutigen Heumadener Straße zu installieren. Das Wasser kam von der wasserreichen Gemarkung Ruit, wo eine Quelle und der Rietbrunnen gefasst wurden, um sie in Teichelrohren nach Kemnat zu leiten.