Es handelt sich um ein Schreibheft im Format A5 mit dem handgeschriebenen Titel "Erwerbslosen-Liste Ruit". Als Datum wurde zunächst 1.1.1932 vermerkt. Aus der Jahrezahl 1932 wurde 1933 gemacht. Das Heft stammt vom Ruiter "Erwerbslosen-Ausschuß", vermutlich ein Gremium der Ruiter Kommunisten. Darauf lässt jedenfalls der angegebene Name Karl Gröber schließen, der bis 1933 KPD-Vorsitzender war.

In diesem Heft sind 138 Ruiter gemeldete Arbeitslose aufgelistet, 133 Männer und fünf Frauen. Dass es zum 1. April 1932 in Ruit 130 Erwerbslose gab, ist aus der amtlichen Monatsstatistik der Arbeitslosenunterstützungs­empfänger bekannt. Was diese neue Quelle jedoch anschaulich belegt, sind die Familienverhältnisse der Erwerbslosen. Da heißt es zum Beispiel "2 Kühe, keine Unterstützung" oder "beim Vater. Einkommen schlecht". Auch die Angaben über die Familiengröße, die erhaltene Unterstützung und die Mietverpflichtungen sind in keinen anderen bekannten Unterlagen angegeben. Eine neue Erkenntnis ist auch, wieviele Wochen die aufgeführten Personen von 1929 bis 1932 erwerbslos waren. Im Jahr 1932 ist bei 90 von 138 Erwerblosen eingetragen, dass sie 52 Wochen, also das komplette Jahr keine Arbeit hatten. Das waren 65 Prozent der Erwerbslosen! Nach der amtlichen Statistik ist die Zahl der Ruiter Arbeitslosen seit Mitte 1932 auf etwa 70 Erwerbslose gesunken. Es scheint also unterschiedliche Zählweisen gegeben zu haben. 


Ruit Erwerbslosenliste 1932

Die Erwerbslosenliste wurde dem Stadtarchiv von einem Ruiter Bürger übergeben. Sie ist ein außergewöhnliches Dokument der wirtschaftlich schlechten Zeit am Ende der Weimarer Republik. Dem Schenker sei herzlich Dank gesagt!


Neuerwerbung des Monats Februar 2025

Der Briefumschlag aus dem Jahr 1937 ist ein interessantes Dokument zur Baugeschichte des Fliegerhorsts im Scharnhauser Park.

Nachdem 1936 der Plan aufgegeben worden war, auf dem erweiterten Gelände des ehemaligen Königlichen Privatgestüts den neuen württembergischen Verkehrsflughafen zu errichten, ging es 1937 an den Bau eines Militärflugplatzes. Da das Gelände größtenteils auf Nellinger Gemarkung lag, nannte man den Flugplatz nach Nellingen. Scharnhausen aber lag von der Entfernung her näher, so dass es sinnvoll war, die Bauleitung in Scharnhausen unterzubringen. 

Der "Flugplatz Nellingen" wurde 1938 als nationalsozialistischer Fliegerhorst der Reichsluftwaffe eingeweiht. Aus dem Fliegerhorst wurde in der Nachkriegszeit die US-Kaserne Nellingen Barracks. Nach dem Abzug der Amerikaner 1992 entstand auf dem 140 Hektar großen Gelände der heutige Stadtteil Scharnhauser Park.

Interessant ist, dass es für die Bauleitung 1937 sogar eigens bedruckte Briefumschläge gab. Auch ein eigener Briefstempel wurde angefertigt. Der Brief ging "an den Herrn Polizeidirektor in Mannheim". Da nur der Briefumschlag zu erwerben war, ist leider nicht bekannt, um was es in dem Schreiben ging.



Der Briefumschlag konnte bei einem Händler bei Aschaffenburg erworben werden, der auf Briefmarken spezialisiert ist. Vielen Dank an den Hinweisgeber!


Neuerwerbung des Monats Januar 2025

Bei dem Schriftstück aus dem Jahr 1831 handelt es sich um eine "beglaubte Urkunde" über "Geburt, Herkommens und bisheriger Aufführung" einer damals 27-jährigen Bürgerin aus Berkheim. Man könnte das einfacher auch "Leumundszeugnis" nennen. Es betrifft Maria Barbara Hencke (als Frau wurde sie "Henckin" genannt), die damals den Johannes Schöller aus Ruit heiraten und dort auch mit ihm leben wollte. So einfach ging das damals aber nicht, denn die Ruiter wollten natürlich wissen, wer da neu ins Dorf kam. Deshalb beschrieben der Oberamtmann, der Berkheimer Schultheiß und sein ganzer Gemeinderat, in welchen Verhältnissen Barbara lebte. Man attestierte ihr einen "gutten und Erbaren Wandel", sodass das Gremium "Ihro nichts arges oder böses nachzusagen" wusste. Wichtig war auch, ob sie Vermögen hatte, denn die größte Gefahr der Migration war, dass jemand Verarmtes zuzieht, der von der Gemeinde finanziell unterstützt werden muss. Aber Barbara konnte nachweisen, dass sie insgesamt 350 Gulden Vermögen besaß. Damit gehörte sie nicht zu den Armen. Einer Einheiratung in Ruit stand also nichts im Wege: Im Mai 1831 läuteten tatsächlich die Ruiter Hochzeitsglocken. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. 


Ruit Leumundszeugnis 1831

Die Urkunde wurde dem Stadtarchiv Ostfildern vom Stadtarchiv Esslingen angeboten, wo sie bisher aufbewahrt worden war. Für unseren Aktenbestand Ruit ist das eine wertvolle Bereicherung, denn das erste bislang hier vorhandene Leumundszeugnis stammt aus dem Jahr 1840. Herzlichen Dank also an die Kollegin aus Esslingen!


Neuerwerbung des Monats Dezember 2024

Es handelt sich um ein Schachspiel, das von dem Nellinger Schuhmacher Markus "Max" Bäuerle (1910-2004) um 1946 in englischer Kriegsgefangenschaft in Handarbeit angefertigt wurde. Die Figuren konnten im zusammengeklappten Schachbrett aufbewahrt werden. Alles ist in einer hervorragenden handwerklichen Qualität gearbeitet. Die aufgemalten Zahlen und Buchstaben am Rand der Felder sehen so präzise aus, als ob sie gedruckt worden wären. Schuhmacher Bäuerle war von 1944 bis September 1947 in Launceston / Cornwall in Kriegsgefangenschaft. Ein beigefügtes Foto zeigt, dass die Kriegsgefangenen ordentlich gekleidet und ernährt waren. In einem ebenfalls beigefügten Taschenkalender hat Bäuerle eingetragen, wann er einen Brief an die Familie geschrieben hat und wann er nach Hause entlassen wurde. In der Nachkriegszeit betrieb er seine Schuhmacherwerkstatt in der alten Kegelbahn des Gasthauses Bären in der Otto-Schuster-Straße.


Nellingen Schachspiel 1946

Das Schachspiel mit dem Foto und dem Kalender wurden dem Stadtarchiv von der Enkelin als Schenkung übergeben. Herzlichen Dank dafür!


Neuerwerbung des Monats November 2024

Auf dem Foto ist ein Landwirt abgebildet, der seinen Acker im Frühling mit Hilfe seines Traktors bearbeitet. Die Obstbäume stehen in voller Blüte. Die undatierte Aufnahme stammt vermutlich aus dem Jahren um 2000. Sie dürfte im Zwickel zwischen der L 1200 (im Hintergrund sichtbar) und der L 1192 im Nellinger Gewann "Grund" entstanden sein. Weiter rechts im Hintergrund käme das Nellinger Stadion. 


Nellingen Frühling mit Landwirt um 2000

Bei den Bildbeständen der Pressestelle sind wir inzwischen beim Buchstaben "L" angelangt. In der Mappe "Landschaft" finden sich einige bezaubernde Aufnahmen im Wandel der Jahreszeiten. Damals ging der Pressereferent zuweilen noch ohne konkreten Anlass los, um so genannte "Schmuckbilder" zu machen, die man zum Beispiel später für das Stadtmarketing nutzen konnte. So entstand auch dieses Foto, das den Charme der Ostfilderner Landschaft auf´s beste einfängt.


Neuerwerbung des Monats Oktober 2024

Das Foto zeigt die Stadtbahnhaltestelle Ruit kurz nach ihrer Eröffnung im Jahr 2000. Ein Kind läuft an der Installation "Worte und Schuhe für Ruit" vorbei und blickt auf die kinetischen Schuhe der Künstlerin Anja Luithle. Wie von Geisterhand bewegt, tanzten die Schuhe in der Bodenvitrine immer mal wieder. Im Hintergrund sieht man die bewegten Projektionen von Joachim Fleischer. Über einen Projektor wurden ergänzende Worte um "Ruit" eingeblendet. in diesem Fall  wurde das Wort "Ruitfieber" gebildet. Auch "Ruiter" oder "Hora Ruit" gab es neben vielen anderen Variationen. 

In jeder Stadtbahnhaltestelle sollte "Kunst am Bau" zu sehen sein. Die Ausschreibung verlangte, dass die Kunst pflegleicht sein und dauerhaft funktionieren muss. Künstler, die sich bei ihren Entwürfen daran hielten, ärgerten sich über die Entscheidung der Jury für die technisch aufwändige Installation "Worte und Schuhe". Zu recht, denn diese Kunstwerke gingen tatsächlich bald kaputt und wurde schließlich nicht mehr repariert. Deshalb ist die Stadtbahnhaltestelle Ruit schon lange ein kunstfreier Raum.


Ruit Stadtbahnkunst 2000

Das Foto wurde aus der Überlieferung des städtischen Kulturamts in die Fotosammlung des Stadtarchivs übernommen.


Neuerwerbung des Monats September 2024

Das Foto aus dem Jahr 1992 zeigt eine Kunstausstellung von Edith Oeller in der Städtischen Galerie im Rathaus Ruit. Seit 1978 wurden im Ruiter Rathaus Ausstellungen zeitgenössischer Kunst gezeigt. 2002 zog die Galerie dann in eigene Räume im Stadthaus Scharnhauser Park um. Das Ruiter Rathaus war nicht als Ort einer Galerie geplant gewesen, aber die moderne Architektur der 1960er-Jahre harmonierte in vielen Ausstellungen gut mit den Kunstwerken. Das lichtdurchflutete Foyer im Erdgeschoss eignete sich besonders gut für Objekte und Skulpturen.

Die Galerie im Rathaus Ruit ist schon Geschichte, das Rathaus selbst wird es über kurz oder lang auch sein. 


Ruit Galerie im Rathaus 1992

Das Foto stammt aus dem Bestand der städtischen Pressestelle, der nach und nach in die Fotosammlung des Stadtarchivs übernommen wird. Wir sind inzwischen also bei "K" wir "Kunstausstellungen" angekommen. 


Neuerwerbung des Monats August 2024

Das Foto aus einer Ansichtskarte zeigt die Kemnater "Hirschkurve" um 1900. Man sieht in der Mitte das Gasthaus Hirsch. Links geht es in die heutige Heumadener Straße, rechts sieht man den Anfang der Hauptstraße. Ganz rechts angeschnitten ist das Gebäude Hohenheimer Str. 1. Links neben der Menschengruppe sieht man noch den alten Hirschbrunnen.

Oben in der Zweibild-Ansichtskarte ist die oft veröffentlichte Gesamtaufnahme mit Kirchturm und Hoher Tanne zu sehen. Die Karte ist mit "Gruss aus Kemnath" bezeichnet. "Gruss aus"-Ansichtskarten sind um 1900 in Mode gewesen. Es handelt sich daher um die wohl älteste im Stadtarchiv bekannte Ansicht der gesamten Hirschkurve. Damit der Panoramaeffekt entsteht, ist die Abbildung aus zwei Einzelfotos zusammengesetzt worden. 

Die Ansichtskarte ist nicht "gelaufen", also nicht versendet worden und in einem sehr guten Zustand. Möglicherweise handelt es sich um einen Prototyp, der wohl dem Gasthaus angeboten wurde, dann aber nie in den Handel gelangt ist. 


Kemnat Gasthaus Hirsch um 1900

Die bislang im Stadtarchiv unbekannte Ansichtskarte ist bei Ebay aufgetaucht und konnte dort ersteigert werden. Ein schönes Dokument der Kemnater Ortsgeschichte!


Neuerwerbung des Monats Juli 2024

Die Plakette des Gesangvereins Sängerlust Scharnhausen ist etwa 16 cm hoch, 11 cm breit und ziemlich schwer. Hinten ist eine Kordel zum Aufhängen an der Wand angebracht. 

Sie wurde an Scharnhausens Bürgermeister Emil Mack verliehen und dokumentiert die Ernennung zum Ehrenmitglied anlässlich seines 60. Geburtstags im Jahr 1967. 


Scharnhausen Plakette Sängerlust 1967

Die Plakette wurde bei Ebay zum Kauf angeboten. Wie sie zum Verkäufer gelangte, ist unklar. Das Erinnerungsstück ist sowohl ein schönes Mosaiksteinchen zur Vereinsgeschichte der Sängerlust als auch ein Dokument der Ortsgeschichte Scharnhausens. 


Neuerwerbung des Monats Juni 2024

Auf dem Foto aus den Jahren um 1900 ist das Kemnater Gasthaus Waldhorn zu sehen. Es lag markant am oberen Abschluss der Bergstraße (heute Ob der Wette). Das Gebäude mit der Adresse Rosenstr. 23 wurde 1985 abgerissen. 
Das Waldhorn hatte als Gastwirtschaft seit mindestens 1873 existiert. Ursprünglich mit einer Metzgerei kombiniert, betrieben es die Wirte der Familie Schweizer ab 1896 zusammen mit einem "Specereigeschäft" im Erdgeschoss. Das Waldhorn - auch "Trompetle" genannt - war das Lokal der Arbeiterschaft. Besonders beliebt war ab 1930 die angebaute Kegelbahn, in der auch das "Kirbekegeln" stattfand. In den 1950er-Jahren nochmals renoviert, schloss das Gasthaus 1980 für immer seine Pforten.


Kemnat Gasthaus Waldhorn um 1900

Das Foto wurde dem Stadtarchiv von einem geschichtsbewussten Kemnater zum Einscannen überlassen. Vielen Dank dafür!


Neuerwerbung des Monats Mai 2024

Das Foto vom Herbst 1944 zeigt das gerade fertig gestellte Behelfsheim der Bauernfamilie Wilhelm Mack in der damaligen Ruiter St. 18, heute Rinnenbachstr. 18. Es war notwendig geworden, weil das Bauernhaus Mack, das weiter vorne an der Straße stand, beim Nellinger Fliegerangriff vom 2. März 1944 komplett zerstört worden war. Wilhelm Macks Ehefrau Anna wurde beim Fliegerangriff getötet. Vor dem bescheidenen Haus stehen der Sohn Gerhard Mack und dessen Onkel. 

Rechts sieht man die Reste des Stalls. Hier baute Wilhelm Mack 1947 eine neue Scheune, damit es mit der Landwirtschaft weitergehen konnte. Mitte der 1950er-Jahre konnte dann wieder ein Wohnhaus vorne an der Straße errichtet werden. Die Scheune ist heute als "Schlecht´s Scheunenbesen" bekannt.


Nellingen Ruiter Str. 18 1944

Das Foto kam aus Ruit zum Einscannen ins Stadtarchiv. Vielen Dank, dass damit die Dokumentation des Fliegerangriffs vom 2. März 1944 ergänzt werden konnte!


Neuerwerbung des Monats April 2024

Die Ansichtskarte stammt aus den Jahren um 1900. Die Aufschrift "Gruss aus ..." ist ganz typisch für diese Zeit. Abgebildet ist das "Gasthaus zur Germania" in der Esslinger Str. 3 in Nellingen. Damals war noch das Fachwerk ab dem 1. Stock sichtbar - heute wird das Gebäude im Volksmund wegen des auffälligen Fassadenanstrichs auch "Blaues Wunder" genannt (in Anspielung an die berühmte Brücke in Dresden). 

Es dürfte wohl die erste Ansichtskarte dieses Gasthauses sein, denn es wurde erst 1899 eröffnet. Gastwirt war Eberhard Frank (1862-1917), ein Metzger, der bis 1897 Ochsenwirt in der Riegelstraße war. Vom "Ochsen" übertrug er auch das Beherbergungsrecht auf die "Germania". Man begründete damals die Neueröffnung einer Gastwirtschaft in der Esslinger Straße mit dem ansteigenden „Verkehr von Frem­den“, auch von Fuhrwerken. Außerdem gab es durch die Bautätigkeit eine zunehmende Bevölkerung im östlichen Teil Nellingens. Die "Germania" war ein nobles Gasthaus, das schnell beliebt wurde. Im Jahr 1900 erfolgte links vom Haus die Einrichtung einer Gartenwirtschaft.


Nellingen Germania um 1900

Diese Ansichtskarte war für das Stadtarchiv völlig unbekannt und seit über 30 Jahren nicht auf dem Markt. So verwundert es nicht, dass das Stadtarchiv bei der Versteigerung über Ebay so hoch geboten hat, dass es letztlich der Höchstbietende war. Eine schöne und seltene Neuerwerbung!