Ruit
Das evangelische Pfarrhaus
Das alte Ruiter Pfarrhaus ist eines der ältesten erhaltenen Gebäude dieses Stadtteils und wirkt inmitten recht moderner Architektur beinahe wie ein Relikt aus früheren Zeiten. Die Datierung des auf steinernem Sockel stehenden stattlichen Fachwerkbaus, der um die Jahrhundertwende noch verputzt war, liegt noch etwas im Dunkeln: Während in einer amtlichen Gebäudebeschreibung das Jahr 1608 als Erbauungsjahr angegeben ist, spricht eine Gedenktafel am Gebäude selbst lediglich von einem Umbau im Jahr 1608.
Das alte Pfarrhaus steht heute unter Denkmalschutz. Die sehenswerte Türe des Pfarrhauses mit ihrer muschelförmigen Ornamentierung wird dem Steinmetz Michel Knell zugeschrieben, der zum Beispiel auch die Kanzel der evangelischen Kirche in Scharnhausen geschaffen hat.
Das "Ruiter Rickele"
Dichtung und Predigt liegen im Ruiter Pfarrhaus eng beieinander. Schon die Adresse "Mörikestraße" beweist diesen Zusammenhang. Der Dichter Eduard Mörike hatte zum Ruiter Pfarrhaus jedoch keine Verbindung. Anders als beim Namenspatron der benachbarten Justinus-Kerner-Schule und des Justinus-Kerner-Wegs. Tatsächlich hatte der Dichter Justinus Kerner (1786-1862) etwas mit dem Ruiter Pfarrhaus zu tun - allerdings eher indirekt.
Die Pfarrerstochter Friederike Ehemann, die ihre ersten beiden Lebensjahre von 1786 bis 1788 in dem Pfarrhaus verbrachte und dann in Denkendorf aufwuchs, wurde nämlich Justinus Kerners Ehefrau. Sie ging als die "Herbergsmutter" der schwäbischen Geisteswelt in die Literaturgeschichte ein. Ihr Haus in Weinsberg wurde zum Treffpunkt der schwäbischen Romantiker.
Der Hirschbogen
Neben dem Hirsch Hotel Gehrung in der Stuttgarter Straße 7 steht der Hirschbogen. Unter dem Staffelgiebel wird das Mauerwerk aus großen Natursteinen durch ein oben abgerundetes Hauptportal durchbrochen. Es ist mehr als fünf Meter hoch und annäherund so breit. Im Schlussstein wurde die Jahreszahl 1604 in alter Form eingehauen.
Mit der um 1970 durchgeführten Renovierung des heutigen Hotels Hirsch ist auch der gesamte damals baufällige Hirschbogen abgetragen und mit den alten Steinen wieder errichtet worden. Dabei ist der linke, früher kleinere Durchgang etwas vergrößert und dem rechten Durchgang angepasst worden. Der Hirschbogen steht unter Denkmalschutz.
Über die ältere Geschichte dieses Portals ist fast nichts bekannt. Mag sein, dass die architektonische Auffälligkeit des Hirschbogens wohl überlegt war. Früher war es bei Schildwirtschaften, also Gasthäusern mit Übernachtungsmöglichkeit, nämlich vorgeschrieben, zum Pferdewechsel und zur Unterbringung von Pferden Ställe bereitzuhalten. Um Fremden den Zugang zum Stall der Herberge kenntlich zu machen - so kann man vermuten -, hat man diesen Torbogen als Zugang zum Hof und Stall neben dem Gasthaus gebaut.
Ob die Jahreszahl 1604 im Schlussstein auch gleichzeitig die Zeit der Erbauung dieser Hofeinfahrt angibt oder lediglich den Zeitpunkt eine Erneuerung, ist ebenfalls unbekannt.
Nach alten Angaben ist der Hirsch wohl der nordwestlichste Teil des alten Ruit. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sind heute noch Reste einer alten massiven Mauer als Hausgrundmauern vorhanden. Handelte es sich dabei um eine Einfriedung des Dorfes? Wie dem auch sei: Der Hirschbogen ist auch ohne belegbare Geschichte eines der spektakulärsten Überbleibsel der Architekturgeschichte in Ruit und ganz Ostfildern.
Die Landessportschule
Auf dem weitläufigen Areal im Zinsholz zwischen Kirchheimer Straße und Nielsenstraße findet man Unterkunftshäuser, Freizeiteinrichtungen, diverse Sporthallen und Sportplätze sowie ein Lehrschwimmbecken. Getragen vom Württembergischen Landessportbund, dem Württembergischen Fußballverband und dem Verein Jugend- und Sportleiterschule Ruit e. V., hat die Sport- und Jugendleiterschule bisher viele tausend Lehrgänge für Sportverbände, Nationalmannschaften, Sportlehrer oder auch für Angehörige anderer Sparten der Jugendarbeit organisiert.
Sportliche Prominenz wurde schon oft gesichtet. Berühmte Fußballmannschaften aus der ganzen Welt kommen regelmäßig hierher ins Trainingslager, darunter Vereine wie Dukla Prag oder Dynamo Kiew. Aus den Trainerlehrgängen sind prominente Fußball-Lehrer wie etwa Ottmar Hitzfeld hervorgegangen. Die Sport- und Jugendleiterschule tut jedoch auch viel für den Breitensport in den Vereinen, sei es in der Übungsleiterausbildung oder in der Förderung junger Talente.
Der "Ruiter Geist"
Die Sport- und Jugendleiterschule wurde von der amerikanischen Militärregierung 1948 als Jugend- und Sportleiterschule auf dem Gelände der ehemaligen Forschungsanstalt Graf Zeppelin gegründet. Die Schule sollte die "reeducation", also die Erziehung der Deutschen zur Demokratie, vorantreiben. Jungen Menschen wurde über kulturelle, pädagogische und sportliche Angebote die Werte einer demokratischen Gesellschaftsordnung und der friedfertige Umgang mit fremden Nationalitäten oder Andersdenkenden vermittelt.
Der sogenannte "Ruiter Geist" begann sich weiter zu entfalten. Bis in die 1960er-Jahre bewahrte sich das Miteinander von musischer Erziehung, politischer Bildung und Sport. Mit der Zeit verlor sich dieser ganzheitliche Ansatz. Die einzelnen Jugendverbände konnten sich eigene Tagungsstätten leisten und separierten sich zunehmend voneinander. In der Schule zwischen Nellingen und Ruit setzte man nun erfolgreich auf den Sport.