Margarete Schick-Häberle, 6. November 2024


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Ostfildern - fit für eine klimaneutrale Zukunft

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Bolay, sehr geehrte Herren Bürgermeister Rommel und Lübke, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrte Damen und Herren,

heute beraten wir den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2025. Dabei geht es nicht nur um Zahlen und Fakten, sondern vor allem auch um Visionen für unsere Stadt. Ich möchte deshalb zunächst betonen, wie wichtig es ist, dass wir unseren Blick in die Zukunft richten und Verantwortung für kommende Generationen übernehmen.


Nachhaltigkeit im Fokus - Klimafit für die Zukunft

In einer Zeit, in der der Klimawandel immer drängender wird und wir täglich mit seinen Folgen konfrontiert sind, müssen wir konsequent nachhaltige Entscheidungen treffen.  Der Haushaltsentwurf 2025 und die mittelfristige Finanzplanung bieten die Chance, Klima- und Umweltpolitik weiter zu stärken und Ostfildern klimafit für die Zukunft zu machen. Investitionen in die Umsetzung der Wärmeplanung, in erneuerbare Energien, die Verbesserung der Fahrrad-Infrastruktur und der Fußwege, die Optimierung des öffentlichen Nahverkehrs, die Schaffung von mehr Grün in der Stadt, sind essenzielle Punkte, die wir nicht nur diskutieren, sondern umsetzen müssen.

Bildung und Soziales

Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Förderung von Bildung und sozialen und kulturellen Angeboten und Projekten. Wir müssen sicherstellen, dass unsere Schulen, Kindergärten und Jugendzentren bestens ausgestattet sind und über ausreichend Personal verfügen. Bildung ist der Schlüssel zu einer gerechten und zukunftsfähigen Gesellschaft. Finanzielle Mittel sind notwendig für die Umsetzung des Ganztages an Grundschulen, für die Planung eines Neubaus der Gemeinschaftsschule, aber auch für Projekte, die die Chancengleichheit fördern und die individuelle Förderung jedes Kindes im Blick haben. Das bedeutet auch, den inklusiven Blick zu schärfen.

Zusammenhalt und Integration

In einer zunehmend heterogenen Gesellschaft gilt es den Zusammenhalt in Ostfildern zu fördern. Für unseren Haushalt bedeutet dies, dass wir gezielt in Projekte investieren, die Integration und Vielfalt unterstützen und die Demokratie fördern. Dies betrifft sowohl kulturelle Veranstaltungen als auch Sprachkurse und Hilfsangebote für Zugewanderte. Aber auch die Weiterführung des Bundesprojektes Partnerschaft für Demokratie und die Förderung der Antidiskriminierungsstelle. Nur gemeinsam können wir ein respektvolles und offenes Miteinander gestalten.

50 Jahre Ostfildern

Im Haushaltsjahr 2025 feiern wir mit zahlreichen Veranstaltungen das 50-jährige Stadt-Jubiläum und das gelungene Zusammenwachsen von sechs vielfältigen Stadtteilen, in denen Vereine und Kirchen, Büchereien, aber auch Volkshochschule, Musikschule und Galerie ihren festen Platz in der Stadtgesellschaft haben und von allen geschätzt werden.

Finanzielle Situation - Kein Grund für Pessimismus

Das Haushaltsvolumen ist auf 143 Millionen Euro angewachsen. Investitionen von rund 20 Millionen Euro sind notwendig und eine Kreditaufnahme von 9 Millionen Euro. Investitionsmittel stehen im Haushalt für die Sanierung der Pfingstweideschule, der Lindenschule, der Schule im Park und der Sporthalle Kemnat. Weitere für den Ausbau der Kinderbetreuung und die Neugestaltung der Ortsmitten in Kemnat und der Parksiedlung.

Der Haushaltsplanentwurf geht von starken Gewerbesteuereinnahmen, stabilen Schlüsselzuweisungen und einer guten Beschäftigungssituation aus. Daran wollen wir Grünen auch weiterhin festhalten, obwohl die Steuerschätzung im Herbst niedriger ausgefallen ist als im Frühjahr. Trotz geschätzter geringerer Steuereinnahmen für Bund und Land, sind die realen Zahlen immer noch in einem leichten Plus. Gerade haben wir erfahren, dass Ostfildern bis zu 2,3 Millionen Steuereinnahmen fehlen könnten. Das erfordert konstruktive Lösungen und Strategien.

Entgegen den Erwartungen ist die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal gewachsen. Sicher ist das keine Trendwende, aber das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Juli bis September um 0,2 % im Vergleich zum Vorquartal zu.  Die Wirtschaft zeigt sich insgesamt robuster als prognostiziert. Die Stimmung ist also deutlich schlechter als die Realität. Bedeutende Wirtschaftsökonomen sehen keinen Grund für Pessimismus. In der größten Volkswirtschaft Europas haben wir im Moment keine Rezession, sondern eine Stagnation der Wirtschaft (seit zwei Jahren). Es sind so viele Menschen in Arbeit wie nie zuvor. Im Dienstleistungsbereich gibt es eine Rekordbeschäftigung. Vertrauen ist für das gesamtgesellschaftliche Klima wichtig. Vertrauen auch in Unternehmen, die neue Strategien entwickeln müssen und in die Politik.

Wärmewende

Ostfildern will bis 2040 klimaneutral werden, das sind nur noch 15 Jahre. Eine zentrale Strategie zur Zielerreichung ist die Wärmewende. Machbarkeitsstudien für den Neubau von effizienten Wärmenetzen (Nellingen-Süd und Parksiedlung) und für die Erweiterung und Transformation bestehender Wärmenetze (Nellingen-Nord und Kemnat) wurden in Auftrag gegeben. Erste Ergebnisse werden 2025/2026 erwartet. Es werden aber nicht alle Haushalte über Wärmenetze versorgt werden können, deshalb sind Beratung und Information über die Vielzahl von Förderprogrammen und Fördermöglichkeiten für den Austausch von Heizungen, Heizungsoptimierungen oder den Einbau von Wärmepumpen besonders wichtig. Diese bitten wir zu intensivieren und die Öffentlichkeitsarbeit in der Stadtrundschau zu verstärken.

E-Ladesäulen und Mobilitätshub

Als Teil eines nachhaltigen Mobilitätskonzeptes unterstützen wir den ersten Mobilitätsknotenpunkt in Ostfildern (am Kreuzbrunnen) und die über das Landesprogramm geförderte Personalstelle eines Mobilitätsbeauftragten, der diesen umsetzen soll. Besonders im Blick haben wir die Elektroladesäulen, die Teil dieses Mobilitätsknotenpunkt sind. Der Bedarf an Ladesäulen im Scharnhauser Park und in der Parksiedlung ist besonders hoch, weil nicht alle Haushalte die Möglichkeit zur eigenen Versorgung haben und die wenigen zugänglichen Ladesäulen dauernd belegt sind. Vor allem fehlen Schnell-Ladesäulen!

Es wäre kurzsichtig hier keine Mittel einzustellen. Mobilitätsstationen sind ein wichtiger Beitrag zur klimaneutralen Mobilitätswende. Gerade im Verkehrssektor gibt es einen enormen Nachholbedarf. Dort steigen die Treibhausgasemissionen ungebremst an. Eine Exkursion zum Mobilitäshub in Leinfelden-Echterdingen unter kundiger Führung der dortigen Stadtverwaltung, könnte dem Gemeinderat das Projekt vor Ort näher bringen. 

Radschnellweg und Radinfrastruktur

Da das Fahrrad auf Strecken bis zu 5 km das schnellste Verkehrsmittel und eine nachhaltige und klimafreundliche Alternative zu anderen Verkehrsträgern ist, liegt hier ein hohes Potenzial für die

Nutzung im Alltag und auf dem Weg zum Arbeitsplatz oder zur Schule. Voraussetzung ist eine gute Radinfrastruktur.

Als Teil der Radschnellverbindung Filder (Kirchheim/Teck- Stuttgart), wurde für die Strecke Nellingen - Heumaden eine Machbarkeitsstudie erstellt. Für den innerörtlichen Radverkehr und die Verbindung zwischen den Stadtteilen ist diese Teilstrecke von zentraler Bedeutung. Die bisher mangelhafte Verbindung würde insgesamt gestärkt, gefährliche Übergänge könnten beseitigt und die Fahrzeit verkürzt werden. Und das mit Landesmitteln! Insbesondere die Schüler und Schülerinnen aus Kemnat, Ruit und Parksiedlung würden durch den Radweg eine gut nutzbare Verbindung zum Schulcampus bekommen.

Der Schwerpunkt von Radschnellverbindungen liegt nicht auf hohen Fahrgeschwindigkeiten, sondern auf einem direkten, gleichmäßigen und möglichst konfliktfreien Vorankommen für Radfahrende. Ziel ist eine Bündelung des Radverkehrs und eine Steigerung des Fahrradanteiles.

Um den Radschnellweg Nellingen – Heumaden voranzubringen, beantragen wir, dem Gemeinderat vorzustellen, welcher Zeitplan vorgesehen ist für die Fertigstellung und Einreichung eines Förderantrages, für die Planungskosten und für die darauf aufbauenden weiterführenden planerischen Untersuchungen der derzeitigen Trassenvariante.

Darüber hinaus beantragen wir die Bereitstellung von 15.000 Euro für die Umsetzung einer Pop-Up-Fahrradstraße in Ruit (Plochinger Straße), wie sie vom Arbeitskreis Mobilität, zum Sammeln erster Erfahrungen, vorgeschlagen wurde.

Nach wie vor ein großes Thema sind fehlende und sichere Fahrradabstellplätze auf dem Campus in Nellingen und fehlende Fahrradbügel in der Ortsmitte Ruit.

Bei der Erneuerung der Breslauer Straße bitten wir daran zu denken, dass auf der Strecke nach Esslingen ein Radfahrstreifen angebracht wird, um die Sicherheit der abwärts fahrenden Radlerinnen und Radler zu erhöhen.

Nahverkehr stärken

Auch die Nutzung des Nahverkehrs trägt zur Senkung der Emissionen im Verkehrssektor bei. Zu dessen Stärkung beantragen wir die Überprüfung der innerörtlichen Busverkehre und innerörtlichen Umsteigebeziehungen zur Erreichung von zentralen Zielen in der Stadt. Außerdem die Identifizierung von Wohn- und Gewerbegebieten, die durch den Einsatz des VVS-Riders an den Nahverkehr angeschlossen werden können. Nicht verstehen können wir, dass es Ostfildern nicht gelingt, die DFI-Light-Anzeigetafeln an Bushaltestellen zu installieren, obwohl das Geld seit Jahren im Haushalt eingestellt ist. Warum klappt das in Filderstadt, aber nicht in Ostfildern?

Artenvielfalt und Ausgleichsflächen  

Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist eine Gemeinschaftsaufgabe, der sich alle Ebenen, auch die Kreise und Kommunen annehmen müssen. Bereits vor zwei Jahren hatten wir die Stadtverwaltung um einen Bericht über bereits eingerichtete und geplante Blühflächen und weitere Maßnahmen zur Bekämpfung des Artenschwunds gebeten. Diesen Bericht haben wir bisher nicht erhalten. Gleichzeitig bitten wir die Stadt um einen Bericht über den Zustand der ökologischen Ausgleichsflächen auf unserem Gemarkungsgebiet und um Informationen, wie die Pflege und Kontrolle dieser Ausgleichsflächen erfolgt.

Überdüngung landwirtschaftlicher Flächen trägt wesentlich zum Rückgang der Artenvielfalt bei. Insbesondere bei von der Stadt verpachteten Flachen im Landschaftsschutzgebiet sollte darauf geachtet werden, dass eine Düngung unterbleibt.

Landwirtschaft und Naturschutz stehen oft im Konflikt. Um gemeinsam nach Lösungen zu suchen, beantragen wir, die früher üblichen halbjährlichen Gespräche zwischen Stadt, Landwirtschaft und Naturschutzorganisationen unter Einbeziehung von Gemeinderäten und Gemeinderätinnen wieder aufzunehmen.

Kitas: Neue Wege bei der Personalgewinnung      

Die Wartelisten für Kita-Plätze sind zu hoch! Jedes Kind, das in Ostfildern lebt, soll auch einen Platz bekommen, denn Kinder brauchen Kinder, Eltern eine verlässliche Betreuung, Arbeitgeber Fachkräfte, die nicht wegen fehlender Kinderbetreuung ausfallen. Und Kindertagesstätten brauchen Personal!

Damit bei der Gewinnung von Fach- und Hilfskräften neue Wege gegangen werden können, beantragen wir eine Planstelle für eine pädagogische Fach- und Leitungskraft. Diese soll mit ausgewählten Kindertagesstätten, dem Bürgerservice, dem Integrationsmanagement, dem Jobcenter und der Arbeitsagentur den Direkteinstieg Kita und die Einrichtung von stundenweisen Arbeitsgelegenheiten (AGH) für 20-25 geeignete Interessentinnen und Interessenten aus Ostfildern vorbereiten und begleiten. Gerade unter den Ukrainerinnen ist das Interesse an einer pädagogischen Qualifizierung groß. Das Jobcenter Esslingen und die Arbeitsagentur haben großes Interesse an einer Förderung und Qualifizierung und stellen hierfür finanzielle Mittel bereit. Erste Gespräche haben stattgefunden. Aber der Prozess stagniert, so höre ich aus Esslingen. Der bereits überlastete Fachbereich kann eine solche Aufgabe nicht ohne zusätzliches Personal bewältigen. Deshalb beantragen wir die Aufnahme einer zusätzlichen Stelle (SuE 15-17) in den Stellenplan.

Eine geringfügige Entspannung bei der Versorgung von Kita- und Krippenkindern erwarten wir durch die zusätzlichen Plätze des Waldorfkindergartens in Scharnhausen und die geplante Erweiterung des Kinderhauses e.V., das bald mit den notwendigen Umbauten beginnen wird.

Bildungschancen durch Ganztag

Mit Ganztagesschulen sollen die Bildungschancen von Kindern erhöht und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden. Die Pfingstweideschule in Kemnat erhält ein entsprechendes Raumprogramm.

Das Konzept der kostenlosen Ganztagesgrundschule mit zusätzlichen Lehrkräften nach dem Landesmodell, wie es in Ruit umgesetzt wird, ist eine wichtige Option für alle Kinder und Eltern in der Stadt. Wir bitten um einen Bericht über den aktuellen Sachstand und die Aufnahmemöglichkeiten in die Landesförderung für die Grundschulen im Scharnhauser Park, Nellingen, Kemnat und Scharnhausen.

Da die Essenssituation in der Aula der Grundschule Ruit unbefriedigend ist, bitten wir um einen Bericht, welche Maßnahmen zur räumlichen und akustischen Verbesserung geplant und umgesetzt werden können. Zudem möchten wir erfahren, an welchen Grundschulen Juniorklassen und Sprachfit-Angebote geplant sind, um die Sprachdefizite von Kindern vor der Einschulung anzugehen und welche Möglichkeiten der Beschulung es für zugezogene Kinder und Jugendliche mit Sprach- und Bildungsdefiziten gibt. 

Von Anfang an gemeinsam

Von „Anfang an gemeinsam“, das ist der Auftrag den die Stadtverwaltung hat, um Kinder und Erwachsene mit Einschränkung/Behinderung in der Kita, in der Schule, in der Freizeit am gemeinsamen Leben teilhaben zu lassen. Durch die Neustrukturierung der Fachbereiche sehen wir Kapazitäten, eine Bestandsaufnahme durchzuführen, dessen, was bereits gut läuft, wo es Lücken gibt und welche Handlungsempfehlungen und Maßnahmen daraus abzuleiten sind. Wir beantragen einen Bericht darüber, wie viele Kinder und Schülerinnen und Schüler in Ostfildern inklusiv in Kita und Schule begleitet werden, wie viele Ausbildungsverhältnisse und Beschäftigungen von Menschen mit Behinderung es bei der Stadtverwaltung bzw. in Unternehmen Ostfilderns gibt und mit welchen Konzepten der Zugang erhöht werden kann. Die Bestandsaufnahme und die Vorstellung von best practice Beispielen im Gemeinderat, sehen wir, als ersten Schritt zu einem Inklusionskonzept für die Stadt Ostfildern, das wir bereits 2022 beantragt haben.

Immobilienklausur

Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Der städtische Wohnungsbestand muss gepflegt, saniert und erweitert werden. Die Gemeinschaftsschule braucht neue Klassenräume, das technische Rathaus und die umliegenden städtischen Gebäude müssen saniert oder neu organisiert werden. Wohnungslose und Geflüchtete brauchen Unterkünfte. Mit allen Themen rund um die städtischen Immobilien werden wir uns noch in diesem Jahr in einer Immobilienklausur beschäftigen.

Hitzeschutz

Extreme Hitzetage führen vermehrt zu Herzkreislauferkrankungen und belasten vulnerable Gruppen. Damit bei Bedarf mit Kleinmaßnahmen schnell reagiert werden kann, beantragen wir die Bereitstellung eines Vorsorge-Budgets i.H.v. 20.000 Euro, das z.B. für die Aufstellung eines Sonnensegels, die Bereitstellung von Trinkwasser, die Aufstellung von schattenspendenden Grünpflanzen oder andere Maßnahmen genutzt werden kann. Ähnlich wie während der Corona-Pandemie. Werden die Mittel nicht gebraucht, stehen sie weiterhin dem Haushalt zur Verfügung.

Positiv bewerten wir, dass eine Klimaanpassungsstrategie erstellt wird und eine Förderzusage für das Landes-Förderprogramm KLIMOPASS bereits vorliegt.

Fazit

Mit dem Haushaltsentwurf 2025 und ergänzenden Vorschlägen und Ideen haben wir die Chance, Ostfildern zukunftsgerecht und lebenswert zu gestalten. Lassen Sie uns gemeinsam innovative Ideen für eine nachhaltige Entwicklung umsetzen und ein Zeichen für eine soziale, ökologische und gerechte Zukunft setzen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!