KW48_Erik Sturm_Südkopf_2021

Sichten, Sammeln und Sichtbarmachen von Spuren – wie ein Archäologe unserer Zeit erkundet der Künstler Erik Sturm seine Umwelt. Werke aus den letzten Jahren präsentiert die Ausstellung „Umbrüche“ in der Städtischen Galerie. 

Betrachtet man die ausgestellten Fotografien, kann man den Ort dieser Umbrüche genau lokalisieren: die Baustelle des Bahnhofprojekts Stuttgart 21. Auch die meisten anderen Objekte beziehen sich darauf. Erik Sturm (geboren 1982) lebt und arbeitet in Stuttgart. Wenn er aus dem Atelier sieht, blickt er in die Baugrube. Sie ist seit einigen Jahren sein Forschungsgebiet und Betätigungsfeld.

Die Fotografien der Reihe „Planung der Planung“ halten Eindrücke von den Bauarbeiten fest: riesige Bodenplatten, den unterirdischen Tunnel, die monumentale Stützwand in der Baugrube mit ihrem hohen ästhetischen Reiz und ihren riesigen Ausmaßen. Anrührend und zutiefst erschreckend ist ein weiteres Fundstück von der Baustelle: „Neue Qualität II“ ist ein Vogelnest aus Drähten, Kabelbindern und Schrauben.

Bereits seine frühen Arbeiten – darunter auch eine Zeichnung vom Stuttgarter Bahnhof von 2002 – zeigten sein Interesse an Spuren und Objekten mit Spuren, erklärte der Künstler bei der Ausstellungseröffnung im informativen Gespräch mit Carolin Wurzbacher (Städtische Museen Heilbronn/ Kunsthalle Vogelmann). Mit 17, 18 Jahren habe er Streifzüge unternommen, Feldforschung betrieben und Fundstücke gesucht, allerdings eher als „Schatzsuche“. In dieser Zeit entdeckte er in einer leerstehenden, inzwischen abgerissenen Villa am Neckartor die alten Bodenkacheln des Werkes „Fliegenderteppich“.

Am Neckartor, der „dreckigsten Straße Deutschlands“, fand Erik Sturm auch 2014 den berüchtigten unsichtbaren Feinstaub. Er sammelte mühsam jahrzehntalte Ablagerungen und machte daraus die Farbe „Neckartorschwarz“. Mit der samtig wirkenden tiefschwarzen Farbe schuf er die gleichnamigen monochromen Reliefs (ebenfalls im Kunstmuseum Stuttgart).

Die gesellschaftliche und politische Kontroverse um Stuttgart 21 wird in der Ausstellung vordergründig nicht thematisiert. Angeregt vom lokalen Ereignis fasst Erik Sturm die Themen allgemeingültiger. „Mir ist wichtig, dass die Themen universellen Charakter haben und auf andere Gegebenheiten übertragen werden können,“ erläuterte der Künstler. „Sie sollen auch losgelöst vom Kontext funktionieren.“

Öffnungszeiten

Die Städtische Galerie Ostfildern in der Gerhard-Koch-Straße 1 im Scharnhauser Park ist dienstags und donnerstags jeweils von 15 bis 19 Uhr, samstags von 10 bis 12 Uhr und sonntags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. An Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember und am 6. Januar bleibt die Galerie geschlossen. Sonderöffnung am 26. Dezember. Eine öffentliche Führung für kunstinteressierte Erwachsene und Jugendliche findet am Sonntag, 1. Dezember, ab 16 Uhr statt. Telefon: 0711 3404-103.

 



27.11.2024 12:54:24